Qiwei Zhang 
    
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Qiwei Zhang ist ein gegenständlicher Maler. Er setzt in seinen Bildern verschiedene Malstile und -techniken ein, um die Malerei selbst befragen zu können. Sein Pinselduktus wechselt zwischen Spannung und Lässigkeit. Das Thema seiner Bilder bedingt dabei die Farbgebung. So versammelt er in Ausstellungen meist verschiedenartige Gruppen, die wiederum sehr verschiedene, malerische Problemstellungen behandeln. Über längere Zeiträume, meist auch parallel, nebeneinander gemalt, fordert QiWei Zhang dazu auf, neben dem Bildinhalt, auch immer die malerische Sprache zu sehen, sie abzurufen und neu zu kodieren.

Die graue Farbigkeit seiner Bilderserie Road, wird nur gelegentlich von Buntfarben unterbrochen, um Momentaufnahmen des heutigen chinesischen Alltags hervorzuheben. Er hält in seinen Arbeiten fest, dass sich das soziale Leben durch die politische und ökonomische Entwicklung in seinem Herkunftsland China rapide verändert. Die Figuren setzt er realistisch in Szene. Der Hintergrund, überhaupt der Malauftrag, wechselt von grob sinnlichem - zu schematisiertem Figurenrepertoire. Vielleicht eine Brechung, vielleicht ist Ironie mit im Spiel. Nebeneinandergesetzt tun diese Bilder jedenfalls so, als sollen wir Betrachter diese drift  gar nicht bemerken. Subkutan enthält Road aber einen versteckten Diskurs über Könnerschaft und darin eingebaut, auch die Kritik vielleicht über fatales Meisterschaftsdenken.

In einer weiteren Serie Made in China wird das Bunte, Laute und Unbändige zelebriert. Freie Pinselschwünge definieren jetzt das Bild. Künstlich und abstrakt behandelt Qiwei Zhang den Hintergrund, der nun zur Folie wird, auf der Figuren appliziert sind. Das ist ein Raum der eines Regisseurs bedarf, der in freier Form den Handlungsraum bemisst, die Figuren bestimmt und Beleuchtung und Technik definiert. Dabei wird der Bildraum zur Bühne und der Gesamtprozess zum Operationsfeld von Malerei.

Operationsfeld Malerei wäre hier nochmals näher zu beleuchten. Dazu Brian O´Doherty mit seinem Aufsatz von 1976: „Es steht heute fest, dass das Gemenge aus Geschichte, Gerücht und Fakt, das wir die Tradition der Moderne nennen, bereits von einem Horizont eingefasst wird. Von oben schauend erkennen wir nun klarer die »Ge­setze« ihres Vordringens, ihr Waffenarsenal, das aus der Schmiede des Idealismus kommt, ihre militärische Terminologie, die von Vorrücken und Erobern spricht. Was für ein Anblick! Dieser Aufmarsch von Ideologien, diese aufsteigenden Raketen, diese romantischen Slums, wo sich Zynismus und Idealismus obsessiv paaren; all diese Truppen die in konventioneller Kriegführung mal vorrücken, mal den Rückzug antreten. Die Feld­zugsberichte, die letztlich als Coffee-Table-Books erscheinen, geben uns keinen rechten Begriff vom Hero­ischen dieser Aktionen. Die widersprüchlichen Errungenschaften der Moderne bleiben dort noch verwirrt, harren einer Revision, welche die Avantgarde endgültig der Tradition einverleibt und ihr, wie man befürchten muss, den Todesstoss gibt.
In der Tat sieht diese Tradition, vom sich entfernenden Raumschiff aus betrachtet,
momentan noch wie ein weiteres Stück Nippes auf dem Kaffeetisch aus, nicht
mehr als eine kinetische Assemblage, von Reproduktionen zusammengehalten, vom Motor kleiner Mythen angetrieben und selbst win­zige Modelle von Museen in Bewegung setzend....“

Bleiben wir bei O`Doherty´s  Terminologie des Militärischen und reden wir über Kunst als Schlachtfeld. Die Malerei als vielleicht Grosse Mutter der Künste hatte in diesen Kämpfen mit Abstand die meisten Verwundeten zu beklagen, vielleicht deshalb auch aber die meisten Chancen auf Genesung. Das Bild ist immer noch Fläche, oder eben Feld, es ist eine Wand, eine Leinwand, jedenfalls etwas Flaches an der Wand, zwar kein Fenster zur Welt mehr, aber doch unter all den Medien, den Bildschirmen am nächsten. Mediale Flächen, die Bilder aussenden oder in die Bilder eingespeist werden können! Mit einfacher Technik lassen sich vom Maler Illusionen erzeugen
(wir erinnern uns! Pinsel und Farbe!). Die Maschinerie bewegt zwar sich zwar nicht wie im Film - aber Bilder folgen auf Bilder – Bilder folgen wieder diesen Bildern, sind unterbrochene Ströme von Zeichen, abstrakter oder gegenständlicher Natur, sind unverrückbar und direkt. Insofern ist die wichtigste Leistung heutiger Malerei das Feld genau zu kennen, das set als Regisseur zu definieren, die Pinselaufträge zu koordinieren, Motive und Figuren zu formieren und vor allem: die Leinwand als jene Fläche zu erkennen und auszuweisen, die all diese Informationen tragen soll und muss.

Der Maler muss wissen, dass Imitation, Kopie und Können seine erlernten Qualitäten ausmachen, die gerade die traditionelle Chinesische Malerei ausgezeichnet hat. Dagegen sind westliche Diskurse auf radikale Infragestellung, auf Hinterfragung und Enttäuschung des Bildmythos aus, arbeiten seit hundert Jahren an diesem Steinbruch der Zertrümmerung.

QiWei Zhang versucht diese Gegensätze nicht zu polarisieren sondern setzt sie in seinen aktuellen Bildern auf gleichen Stand. Unterschiedlichste Motive malt er klaglos nebeneinander auf die Lein-Wand. Er ist ein Künstler, der das Schlachtfeld mit dem Spielfeld vertauscht hat, der keinen Krieg kennt aber im Modell Gegensätze aufführen will, die keine wirklichen Feindschaften kennen und hoffentlich ohne echte Verluste auskommen.

 *1 Brian O' Doherty: In der weißen Zelle. Anmerkungen zum Galerieraum, Kassel (1976) 1982.